neworks - Aesthetics of Access #2

Kuratiert von Maria Ladopoulos und Liisi Hint

 

28./29. Juni 2024 - 19 Uhr live

„Approaching Care“ von und mit Anajara Amarante und Jojo Büttler. 

Videostream vom 1. Juli 2024, 10 Uhr, bis 4. Juli 2024, 23.59 Uhr.

Public Talk nach der Vorstellung am 28. Juni 2024.

  

Konzept & Choreografie / Creation & choreography: Anajara Amarante und Jojo Büttler | Access-Dramaturgie / Access dramaturgy: Ari Althaus | Bühnenbild / Stage design: Anajara Amarante | Kostümdesign / Costume design: Jo Sordini | Dramaturgische Unterstützung / Dramaturgical support: Liisi Hint, Maria Ladopoulos | Lichtdesign / Lighting design: Robert Prideaux

Foto: Ana Cichowicz

 

Bildbeschreibung / Image description:

Ein Foto im Querformat, das aus der Vogelperspektive aufgenommen wurde. Auf dem Foto sind die beiden Performer*innen von ‚Approaching Care‘ abgebildet. Jojo, eine weiße Person und Anajara, eine weiß gelesene Latinx. Beide haben dunkle Haare und tragen schwarze Kleidung. Es ist eine nähere Aufnahme, so dass nur Oberkörper und Köpfe auf dem Bild sind.

Die beiden liegen auf einem Holzboden, gegenüber voneinander und sich zugewandt. Die Augen sind geschlossen und das Gesicht entspannt, als würden sie schlafen. Beide haben eine Hand vor sich auf dem Holzboden, die Handfläche nach unten zeigend. Zwischen ihnen, in der Mitte des Bildes, liegen sechs Orangen zufällig angeordnet und mit kleinen Abständen beieinander. Die Gesichter und Hände bilden eine Art Rahmen um die Orangen. Die helle Haut und die Farbe der Orangen heben sich deutlich von der dunklen Kleidung ab. Die Orangen, zwischen den Körpern geschützt, haben etwas Geborgenes. Das Bild strahlt etwas Friedliches, fast intimes, aus. 

A photo in landscape format taken from a bird's eye view. The photo shows the two performers of 'Approaching Care'. Jojo is a white person and Anajara is a white Latinx. Both have dark hair and are wearing black clothing. It is a close-up shot, so only their upper bodies and heads are in the picture. The two are lying on a wooden floor, opposite each other and facing each other. Their eyes are closed and their faces are relaxed, as if they are asleep. Both have one hand in front of them on the wooden floor, palm down. Between them, in the middle of the picture, six oranges lie randomly arranged and close together. The faces and hands form a kind of frame around the oranges. The light skin and the color of the oranges stand out clearly against the dark clothing. The oranges are protected between the bodies and have a sheltered quality.

The picture radiates something peaceful, almost intimate. 

 

Informationen zur Barrierefreiheit und Content Note:

* Dauer der Performance: ca. 50 Minuten

* Das ada Studio ist barrierefrei für Rollstuhlfahrer*innen.

* Das Stück findet in deutscher Lautsprache statt.

* Es steht eine begrenzte Anzahl an Sitzsäcken zur Verfügung. Diese sollten bei Bedarf zusammen mit dem Ticket reserviert werden.

* Entspannte Aufführungssituation: Wir laden alle ein, während der Aufführung Geräusche zu machen, sich zu bewegen, hinauszugehen und wiederzukommen. Aufgrund der geringen Größe des ada Studios ist es schwierig, umfassend für eine relaxed performance Sorge zu tragen.

* Der Einlass erfolgt unmittelbar vor Beginn der Vorstellung. Für ein Early Boarding sprechen Sie bitte den Abenddienst an.

* Wir bieten einen Abholservice für blinde und sehbehinderte Menschen von den nahegelegenen U-Bahn-Stationen an. Diese sind Osloer Str. (Aufzug) und Pankstr. Um den Abholservice in Anspruch zu nehmen, wenden Sie sich bitte an das ada-Team unter ticket AT ada-studio.de oder telefonisch (030-21800507) oder per Sprachnachricht (SIGNAL oder TELEGRAM 0176-63157961). 

* Assistenzhunde können zur Aufführung mitgebracht werden.

* Bitte schreiben Sie uns eine Nachricht oder rufen Sie uns an, wenn Sie weiteren Assistenzbedarf haben. Wir versuchen, gemeinsam mit Ihnen Lösungen zu finden.

* Weitere Informationen über die Zugänglichkeit des Studios finden Sie hier.

 

Information on accessibility and content note:

* Duration of the performance: appr. 50 minutes

* ada Studio is accessible for wheelchair users.

* The main language is German spoken language.

* A limited number of beanbags are available. These should be reserved together with the ticket if required.

* Relaxed performance setting: We invite everyone to make noises, move, go out and come back during the performance. Assistance to leave & come back to the space is provided. Due to the small size of the ada studio, it is difficult to ensure a relaxed performance.

* Admission takes place immediately before the start of the performance. For early boarding, please contact the evening service.

* We offer a pick-up service for blind and visually impaired people from the nearby U-Bahn stations. Those are Osloer Str. (Elevator) and Pankstr. To make use of the pick-up service please contact the ada team via ticket AT ada-studio.de or phone (030-21800507) or voice message (SIGNAL or TELEGRAM 0176-63157961).

* Assistance-dogs can be taken to the performance.

* Please send us a message or give us a call if you require further assistance. We will try to find solutions together with you.

You can find more information about the accessibility of the studio here.

 

“Die Welt, in der wir leben, ändert sich ständig und wir müssen uns anpassen. Dies wird sich aufgrund zahlreicher Krisen wie Klimawandel, Krieg und Pandemien noch verstärken. Wie können wir in Zeiten globaler Bedrohungen für uns selbst und andere sorgen? Wie können unsere Körper mit der Welt umgehen?

Unsere Recherche fokussiert sich auf die Wichtigkeit von Care, sowohl als Konzept als auch als Praxis. Care ist englisch und beschreibt sämtliche Tätigkeiten des Sorgetragens und Sich-Kümmerns. Wir verstehen Care als eine politische Praxis in unserer Gesellschaft, um Resilienz und Gemeinschaft aufzubauen. Care ist auch Arbeit – sie ist mit emotionaler Anstrengung, Zeit und Energie verbunden. Deshalb brauchen wir gegenseitige Fürsorge und das Bilden von Gemeinschaften. Das kapitalistische System, in dem wir leben, unterstützt keine Praktiken des Sorgetragens, die nährend und nachhaltig sind und auf Gegenseitigkeit beruhen. Wir müssen eigene Wege und Praktiken miteinander finden, damit sich nachhaltige Care-Strategien etablieren, eine zugänglichere Welt entstehen kann und Barrieren abgebaut werden.

Unser Wissen und Verständnis von Care wird geformt durch die Erfahrungen, die wir in dieser Welt machen. Das Verständnis in unserm Team ist davon geprägt, dass wir queer sind, dass wir als Frauen sozialisiert wurden, dass wir zum Teil behindert und Migrant*innen sind.

Wie können wir dieses Verständnis von Care in unserer künstlerischen Praxis finden und dahin übersetzen? Wie wird sich die Auseinandersetzung mit unserer Kunst verändern, wenn wir den Fokus auf Care legen?

In der ada-Residenz konzentrieren wir uns darauf, das Stück mit Hilfe unserer*m Barrierefreiheits-Dramaturg*in Ari, für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen. Außerdem wollen wir einen entspannten Raum für unterschiedliche Körper schaffen. Es wird verschiedene Sitzmöglichkeiten geben, wie Sitzsäcke und andere gemütliche Optionen. Der Raum bietet eine Vielzahl von sensorischen Erfahrungen, unter anderem Orangen, flauschige Materialien und auch “Care Agents". Care Agent ist Englisch und könnte mit Fürsorgebeauftragte*r übersetzt werden. Unsere Care Agents sind Personen, die eine Brücke zwischen Publikum und den Performenden schlagen. Sie haben eine unterstützende und assistierende Rolle und sind ein wichtiger Teil davon, den fürsorglichen Raum, den wir kreieren wollen, zu schaffen.

Der Titel unseres Stücks - “Approaching Care” - könnte mit “sich der Fürsorge annähern” ins Deutsche übersetzt werden. ” 

 

Anajara Amarante ist ein*e chronisch kranke*e, queere*r brasilianische*r Künstler*in. Anajaras Hauptarbeitsmittel ist der bewegte Körper. Anajaras Schwerpunkt-Themen sind persönlich und politisch: queere, dissidente Körper, marginalisierte Gemeinschaften und Kunstpraktiken. Die künstlerische Praxis konzentriert sich auf den Bereich der darstellenden Künste (Schwerpunkt Choreografie), mit früheren Berufsausbildungen in Biologie und Kommunikation. Als Brasilianer*in, die*der in Europa lebt, interessiert sich Anajara für Menschen mit Migrationshintergrund, die Konstruktion ihrer Identitäten, Dekolonialisierung und auch die Konstruktion von Freude und Vielfalt. https://www.decolonizedisability.com/

https://www.anajaralaisa.com/butching-cowboys, Instagram: anajaralaisa

 

Jojo Büttler ist eine weiße, nicht behinderte, queere Tanz- und Physical Theatre- Schaffende. Bis 2020 hat Jojo Physical Theatre an der Folkwang Universität der Künste studiert und sich danach im Dance Intensiv Programm Berlin weitergebildet. Zuletzt hat Jojo für das Stück “Butching Cowboys” von Anajara Amarante als Audiobeschreiber*in gearbeitet und war mit dem Physical Theatre Kollektiv Armada Theater auf Tour. Im letzten Jahr hat Jojo für die Produktion “Wiegenlieder!”, mit der Choreografin Claudia Garbe, den Bewegungs- und Sprechchor geleitet. Außerdem war Jojo als Barrierefreiheits-Assistenz tätig und möchte dieses Wissen in deren Arbeit einfließen lassen, um mehr Zugänglichkeit zu schaffen. Jojo versucht Strukturen zu hinterfragen, aufzuweichen und herauszufordern.

 

Die Fürsorge, der sich Anajara und Jojo widmen, war schon vor Beginn der Residenz vorhanden. Es ist die Art und Weise, wie sie sich austauschen und miteinander umgehen. Anajara und Jojo lernten sich durch Anajaras letzte Arbeit “Butching Cowboys” kennen. Seitdem ist ihre Verbindung gewachsen. Sie erkannten, dass sich manche Ideen sowie Humor und Interessen überschnitten und begannen sich künstlerisch zu engagieren.

 

"neworks - Aesthetics of Access" ist eine Performance-Reihe, die sich auf Arbeiten konzentriert, in denen Barrierefreiheit für behinderte, Taube und/oder chronisch kranke Zuschauer*innen ein integraler Bestandteil des künstlerischen Konzepts ist. Nach der Definition von Diversity Arts Culture ist “der Begriff ‘Aesthetics of Access‘ Englisch und bedeutet Ästhetiken der Barrierefreiheit. Er bezeichnet eine Praxis in den Darstellenden Künsten: Barrierefreiheit wird in der Kunstproduktion von Anfang an und mit einem künstlerischen Anspruch eingebaut und nicht nachträglich hinzugefügt. neworks 2024 zeigt drei Arbeiten von Berliner Künstler*innen, die ihre ganz persönliche Perspektive gefunden haben, ihre künstlerischen Prozesse durch Mittel der Barrierefreiheit inspirieren und beeinflussen zu lassen. 

 

Die Kuratorinnen Liisi Hint und Maria Ladopoulos sind nichtbehinderte junge Tanzkünstlerinnen, die seit 2020 in Kollaboration arbeiten. Sie betrachten diesen kuratorischen Prozess als eine Erweiterung ihrer künstlerischen Arbeit mit dem klaren Ziel, gemeinsam zu lernen, zu experimentieren und ihre eigenen Perspektiven zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund haben sie drei Arbeiten ausgewählt, die sich alle aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Ästhetik der Barrierefreiheit befassen. Die daraus resultierende Performance-Reihe versucht, das breite Spektrum dessen widerzuspiegeln, was im Bereich des barrierefreien Kunstschaffens möglich ist.

 

Photo: Ana Cichowicz

 

Image description / Bildbeschreibung:

A photo in landscape format. Two hands holding each other lie on a blue background. The hands belong to the performers Anajara, a white Latinx, and Jojo, a white person. It is a close-up and apart from the holding hands, only the forearms are still in the picture. A slight V-shape is created by the arms coming from one side of the picture and the hands joining in the middle. A garland of orange peel winds around the arms and hands like a climbing plant. The orange peel is sewn together in some places with a red thread and winds from one arm to the other. The orange peels lie loosely against the skin. On the left wrist, the orange garland is slightly wider and becomes a small patchwork quilt made up of many pieces  of orange peel sewn together. The photo was taken in daylight and some parts are bathed in direct light, others in shadow. The lighting conditions give the photo a lively effect. The orange peels wrapped around the holding hands make the two hands look closely connected, almost grown together.

Ein Foto im Querformat. Auf blauem Hintergrund liegen zwei sich haltende Hände. Die Hände gehören den Performer*innen Anajara eine weiß gelesene Latinx, und Jojo eine weiße Person. Es ist eine Nahaufnahme und außer den sich haltenden Händen sind nur noch die Unterarme auf dem Bild. Es entsteht eine leichte V-Form durch die Arme, die jeweils von einer Seite des Bildes kommen und die Hände, die sich in der Mitte zusammenschliessen. Um die Arme und Hände herum windet sich, wie eine Kletterpflanze, eine Girlande aus Orangenschalen. Die Orangenschale ist an manchen Stellen mit einem roten Faden zusammengenäht und wickelt sich von einem Arm zum anderen. Die Orangenschalen liegen locker an der Haut an. Auf dem linken Handgelenk wird die Orangengirlande etwas breiter und wird zu einem kleinen Flickenteppich, der aus vielen Schalenstücken zusammengenäht ist. Das Foto wurde im Tageslicht aufgenommen und manche Stellen sind in direktes Licht getaucht, andere im Schatten. Die Lichtverhältnisse lassen das Foto lebendig wirken. Durch die Orangenschalen, die sich um die sich haltenden Hände winden, wirken die zwei Hände eng verbunden, fast zusammengewachsen.

 

 

“We live in a world that constantly changes and makes us adapt often. This will increase even more, due to multiple crises, such as climate change, war and pandemics. How do we care for ourselves and others in times of global threats? How does the body deal with the world?

Our research is centered around the importance of care, both as a concept and a practice. Care is a small practice to resist, build resilience and community. Care is also work, and takes emotional labor, time and energy. Mutual care and community building are therefore needed as reciprocal support. Since the capitalist system in which we live does not support practices of care that are mutual and nurturing, we need to find our own ways and practices with each other, in order to make things grow, blossom and possibly, make the world a bit more accessible for disabled people. The experience we have in this world shapes our understanding of care. The knowledge in our team comes from being queer, being socialized as women, being disabled and being an immigrant.

How can we translate and find our understanding of care in our artistic practices? How does centering care change the way we engage with our art?

In the ada-residency we are focusing on making this piece accessible for blind and visually impaired people with the expertise of the access dramaturg Ari. Besides that, we aim to create a relaxed space for diverse body-minds. There will be several seating options, like beanbags and other cozy alternatives. The space offers a variety of sensory experiences, such as oranges and fluffy materials. Additionally, there are care agents present in the space. Care agents are people that build a bridge between the audience and the performers. They will have a supportive and guiding role and they are an important part of the caring space we want to create.“

 

Anajara Amarante is a chronically ill, queer, Brazilian artist living and working in Berlin. Anajara's main working tool is the moving body, intertwining her professional interests with the personal and political: queer, dissident bodies, marginalized communities and art practices. The focus of her artistic practice is in the performing arts (emphasis on choreography) and also feeds on her background as a biologist and communication scientist. As a Brazilian living in Europe, Anajara is interested in people of migrant background, the construction of identities and postcolonialism, as well as the construction of joy, inclusion, and diversity. https://www.decolonizedisability.com/https://www.anajaralaisa.com/butching-cowboys

Instagram: anajaralaisa

 

Jojo Büttler is a white, non-disabled, queer physical theater creator and dancer. Jojo studied Physical Theatre at the Folkwang University in Essen and trained at the Dance Intensive Program Berlin. Jojo works as a freelance artist in Berlin and NRW. Recently, Jojo worked as an audiodescriber for ‘Butching Cowboys’ by Anajara Amarante and was on tour with the Physical Theater collective Armada Theater. Last year they worked with the voice and movement choir of the dance theater piece ‘Wiegenlieder’ by Claudia Garbe. They also worked as access assistance in theatre and performance spaces and want to involve this knowledge into their artistic work to create more access. They try to question, challenge, and soften structures.

 

The care Anajara and Jojo are focusing on, is something that was present way before they started the residency. It’s in the way they are aware of each other, and the way they exchange. Anajara and Jojo got to know each other through Anajaras last piece ‘Butching Cowboys’. Since then their connection has slowly grown. When they understood that some of their ideas as well as their humor and interests overlapped, they began to engage artistically.

 

"neworks - Aesthetics of Access" is a performance series that focuses on works where accessibility for disabled, chronically ill and/or deaf audience members is an integral part of the artistic concept. As defined by Diversity Arts Culture, “the term ‘Aesthetics of Access’ describes a practice in the performing arts: accessibility is built into the art production from the beginning and with an artistic claim and not added afterwards.” neworks 2024 includes three works from Berlin based artists that have found their own personal perspective on how to allow means of accessibility to inspire and inform their artistic processes.  

 

Curators Liisi Hint and Maria Ladopoulos are non-disabled emerging dance artists who have been collaborating since 2020. They approach this curatorial process as an extension of their artistic work with the clear aim of learning together, experimenting and challenging their own perspectives. With that in mind, they chose three projects that all deal with Aesthetics of Access from different angles, creating a performance series that tries to reflect the wide spectrum of what is possible in accessible performance making. 


Das ada Studio wird seit 2008 als Produktionsort von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert.


 

ada Studio für zeitgenössischen Tanz

in den Uferstudios/Studio 7

Uferstraße 23

13357 Berlin

T: +49 (0) 30-218 00 507

E: ada-berlin [AT] gmx.de

© ada Studio