NAH DRAN extended: IN TOUCH

Kuratiert von Roni Katz und Maya Weinberg. Dramaturgisch begleitet von Maya Weinberg.

5./6. Juni 2021

Videostream vom 5. Juni 2021, 20.30 Uhr, bis zum 6. Juni 2021, 23.59 Uhr.

Publikumsgespräch via zoom am Sonntag, 6. Juni 2021, 19 Uhr.

 

„NAH DRAN“ ist eine Performance-Reihe für junge Berliner Choreograf*innen. Sie bietet die Möglichkeit, neue Stücke - fertig oder im Arbeitsprozess - zu präsentieren. Das Format versammelt drei Stücke verschiedener junger Künstler*innen an einem Aufführungsabend. „NAH DRAN“ („close to“) bedeutet, dass es buchstäblich keine Lücke zwischen Performer*innen und Publikum gibt, was einen intimen Rahmen für das Teilen der Arbeit schafft. 

„NAH DRAN extended“ heißt, dass die Arbeiten unter einem speziellen kuratorischen Aspekt ausgewählt wurden. In dieser von Roni Katz und Maya Weinberg kuratierten Ausgabe von „NAH DRAN extended“ legen drei Arbeiten den kulturellen, politischen, emotionalen und spirituellen Ballast der Dinge frei.

In einer Welt, die stark von Kapitalismus, Kolonialismus und Patriarchat geprägt ist, werden sowohl die Erde als auch ihre Bewohner ständig ausgelaugt, missbraucht und reduziert. 5 Künstler*innen entscheiden sich dafür, mit den Dingen und ihrer Abwesenheit in Berührung zu kommen, um den Verlust zu akzeptieren, die Anwesenheit zu schätzen, der Trennung zu widerstehen und die gegenseitige Abhängigkeit zu feiern. Ein Luftballon, ein Staubsauger, eine Schlange, Berge, ein Körper, ein Herz, ein Atem, Augen. Menschliche und nicht-menschliche Körper stehen in Beziehung zu anderen, schwingen auf ihre eigene Weise, wollen in ihrer vollen Lebensfreude sein. Drei Werke interagieren mit einer unendlichen Menge an fühlenden Wesen. Was sind die Lektionen, die wir über Transformation lernen können, über das Nutzen ohne Ausnutzen, indem wir auf die Frequenz der Dinge hören, wie sie sich zueinander verhalten und ihre Dichte in der Welt? Was, wenn wir durch das Spielen miteinander ein neues - und vielleicht wagen wir sogar zu sagen - ein besseres kollektives Gedächtnis schaffen können? Was, wenn wir uns durch das Teilen von Ressourcen, Geografien und Geschichten eine Zukunft vorstellen können? Was, wenn wir durch Tanzen das Land heilen können? Warum nicht?

 

“NAH DRAN” is a performance series for Berlin based emerging choreographers. It provides an opportunity to present new pieces, finished or in process. The format assembles 3 pieces by different young artists in one performance evening. “NAH DRAN” (“close to”) means that there is literally no gap between performers and audience, which offers an intimate setting for sharing the work. 

“NAH DRAN extended” means that the works were selected under a specific curatorial aspect. For this edition of “NAH DRAN extended” - curated by Roni Katz and Maya Weinberg - three works unpack the cultural, political, emotional and spiritual baggage of things. In a world heavily impacted by capitalism, colonialism and patriarchy, earth as well as its inhabitants are constantly extracted, abused and reduced. 5 artists choose to be IN TOUCH with things and their absence as a way of honouring loss, cherishing presence, resisting separation and celebrating inter-dependency. A balloon, a vacuum cleaner, a snake, mountains, a body, heart, breath, eyes. Human and nonhuman bodies relate to others, vibrate their own way, want to be in their full vitality. Three works interacting with an infinite amount of sentient beings. What are the lessons we can learn about constant transformation, about using without abusing through listening to the frequency of things, how they relate and their density in the world? What if by playing alongside each other we can create a new, dare we say, a better collective memory? What if by sharing resources, geographies and histories we can imagine a future? What if by dancing we can heal the land? Why not?

 

Fotos: chan pente / Susanne Grau / Mercado Rezvani

Jee Chan & Stefan Pente: sub-vision 

 

Jetzt, da Live-Performances sich auf Bildschirme zwängen, halten wir inne, um der Potentialität des von der Kamera produzierten, gefilmten Raumes gerecht zu werden. um ihn nicht zu ignorieren, nicht als ein Fenster mit Blick ins Theater oder als eine weiter vierte Wand zu behandeln. Pausieren als bewusstes Handeln. Pausieren als notwendiger Schritt in einem Prozess, sich 'etwas anderes' vorzustellen, eine andere Zukunft herzustellen (so möchten wir nämlich nicht viel länger weitermachen).

Jee Chan ist Künstler_in, Tänzer_in und Choreograf_in, dessen_deren Praktiken das sichtbar machen, was immer schon da ist (groß und wahr, direkt unter der Oberfläche). Ihre_seine Arbeit ist oft von einer besonderen Sensibilität für den Ort sowie einer nachhaltigen Befragung (post)kolonialer macht geprägt. indem er_sie die Aufmerksamkeit darauf legt, wie Geschichten sich im Körper festsetzen und sedimentieren, beschäftigt sie_er sich mit fragen, die den vertriebenen Körper umgeben und was dieser vollführen kann. durch ein Verständnis von Choreografie als erweiterten formalen Ansatz, manifestieren sich seine_ihre Arbeiten Video, Installation, Fotografie und Text. 1994 geboren, lebt und arbeitet sie_er in Singapur und Berlin.

Stefan Pente, geboren 1964 in Zürich, lebt und arbeitet in Berlin, ist Performer_in, bildende Künstler_in und unterrichtet Kunst. Mit ihren_seinen performativen und skulpturalen Arbeiten versucht sie_er, Terrains von Entfamiliarisierung herzustellen. Dinge so zu sehen, wie sie erscheinen und und nicht als das, wofür wir sie halten, ist ein erster Schritt auf dem Weg einer Klärung und Verwirrung ihres_seines Blickes und ihrer_seiner Vorstellung. Er_sie versteht diesen Prozess als tägliches Training, um Vorurteile loszuwerden. Es handelt sich um eine politische Praxis.

 

With live performance flocking to and squeezing into screens, we are pausing to recognize the potentiality of the recorded space which the camera produces; not to ignore it by treating it as a window into the theatre or just another 4th wall. Pausing as a conscious act. Pausing as a necessary step in the process of envisioning 'something else', of realizing a different future (because we don’t wish to go on like this much longer).

Jee Chan is an artist, dancer and choreographer whose practice makes visible that which is always already there (big and true, just beneath the surface). Their work is informed by a soft sensitivity to site as well as a sustained interrogation of (post)colonial power. Paying attention to how histories settle and sediment in the body, they navigate questions surrounding the displaced body and what it can perform. In regarding choreography as an expanded formal proposition, their work spans video, installation, photography and text. Born 1994, they live and work in Singapore and Berlin.

Stefan Pente, born 1964 in Zürich and based in Berlin, is a performance maker, visual artist and art education facilitator. With her performative and sculptural work, they try to create terrains of defamiliarization. Seeing things as they appear and not as what he knows them to be is a first step in the process of clearing and confusing of her gaze and imagination. He understands this process as a daily training to purge themselves from preconceptions. It is a political practice.

Susanne Grau: Spills

 

Spills sind Zaubersprüche (=spells), die der Distanz nicht trauen.

„Spills“ erforscht Beziehungen zwischen Bild, Berührung und Raum. Kann ich mich vom leeren Raum umhüllt fühlen? Wie kann die Lücke zum Bindeglied werden?

Als Medien der Berührung werde ich Bewegung, Sprache, Stimme, Rhythmus und Objekte betrachten und eine (improvisatorische) Praxis beginnen, die innere Landschaften in den Raum projiziert. Was, wenn das, was du betrachtest, schon in dir steckt? Was, wenn du es ausspuckst?

Susanne Grau arbeitet als Tänzerin, Performerin und Choreografin und lebt derzeit in Berlin. Sie studierte zeitgenössischen Tanz an der HfMT in Köln und den MA Performing arts practice and visual culture in Madrid. 2015 erhielt sie das danceWEB Stipendium des ImpulsTanz Festivals Wien. Als Performerin arbeitete sie u.a. mit Alexandra Pirici, Fabrice Mazliah, Georg Reischl, Mårten Spångberg, Davis Freeman, Özlem Alkis, Choy Ka Fai, Maayan Danoch, Prue Lang, May Zarhy, Juana del Mar Jimenez Infante, Reut Shemesh.

 

Spills are spells that don’t trust the distance.

“Spills” explores relationships between image, touch and space. Can I feel enveloped by empty space? How can the gap become a medium for connection? 

As media of contact over different distances I will look at movement, language, voice, rhythm and objects and start an (improvisational) practice that projects inner landscapes into space. What if what you are looking at is already inside you? What if you spilled it? 

Susanne Grau works as a dancer, performer and choreographer and currently lives in Berlin. She studied contemporary dance at the HfMT in Cologne and the MA "Performing arts practice and visual culture" in Madrid. In 2015 she received the danceWEB scholarship of the ImpulsTanz Festival Vienna. As a performer she has worked with Alexandra Pirici, Fabrice Mazliah, Georg Reischl, Mårten Spångberg, Davis Freeman, Özlem Alkis, Choy Ka Fai, Maayan Danoch, Prue Lang, May Zarhy, Juana del Mar Jimenez Infante, Reut Shemesh, among others.

Sharon Mercado Nogales & Kiana Rezvani: Earth Beings

 

Wir haben beide einen parallelen geografischen Hintergrund. Wo wir herkommen, hat der Horizont keine Form. Er ist eine Schlange unter der Erde, die sich bewegt und das schafft, was wir Berge nennen. Wir kamen zu der Erkenntnis, dass ihre Präsenz ständig die Umgebung verschiebt und transformiert und auch wir tragen die gleiche Kraft in unseren Körpern. Wir fragen uns: Sind wir auch wir ein Berg? Seit wir in Berlin leben, spüren wir die Abwesenheit von Bergen. Wir gelangen zu einer virtuellen Geo-Choreografie durch Google Earth, Zeremonien, Fußtänze und Übungen der Erinnerung, trauern um einen Verlust und beklagen eine Ausbeutung.

Sharon Mercado Nogales wurde in Bolivien geboren. Sie studierte Tanz beim Wayruru Project in La Paz und im BA-Programm am HZT Berlin. Zu ihren letzten Arbeiten gehören „Katari“ und „Drinkup MiAmor“. Derzeit entwickelt sie eine Tanzpraxis namens Technocumbia. In ihre Arbeit bezieht sie autobiografisches Material ein, das eine Übung der Erinnerung durchläuft mit dem Ziel, dekoloniale Körperpraktiken zu kreieren, indem sie das Wissen ihrer Vorfahren und ihre aktuelle Lebenserfahrung zusammenbringt. Sie versucht ständig, das aktuelle kulturelle Spektrum durch den Körper zu steuern.

Kiana Rezvani wuchs in der Nähe der Berge auf und war im Alter von 6 Jahren die beste

Fußballspielerin unter den Jungen in der Vatanpour-Straße in Teheran. Außerdem tanzte sie in ihrem Zimmer allein für sich. Ihre Phantasie machte alles möglich. Sie studierte am HZT in Berlin. Im Jahr 2020 kreierte sie in Zusammenarbeit mit Roham Amirifar „ein langsames Upgrade von Kiana”Roham“, eine ferne Symbiose zwischen Gilan und Berlin. Ihre aktuelle Forschung dreht sich um Trauer, Tod und Krieger. Sie träumt davon, gemeinsam mit den marginalisierten Identitäten verkörperte Praktiken der Pflege zu schaffen.

 

We both share a parallel geographical background. Where we come from, the horizon has no form, it is a snake under the earth moving around and creating what we call mountains. We came to realize that their presence constantly shifts and transforms their environment and we too carry the same force in our bodies. We asked ourselves, are we a mountain too? Living in Berlin we feel the absence of mountains. We arrive at a virtual geo-choreography through google earth, ceremonies, foot dances and exercises of memory, grieving a loss and mourning an exploitation.

Sharon Mercado Nogales was born in Bolivia. She studied dance with the Wayruru Project in La Paz and at the BA program at HZT Berlin. Among her latest works are “Katari” and “Drinkup MiAmor”. She is currently developing a dance practice called Technocumbia. In her work she incorporates autobiographical material that goes through an exercise of memory with the aim of creating decolonial body practices by setting the knowledge of her ancestors and her current life experience. She constantly seeks to trigger the current cultural spectrum through the body.

Kiana Rezvani grew up next to the mountains and at the age of 6 she was the best football player among the boys in Vatanpour street in Tehran. Besides that, in her room, she was dancing alone for herself. Her imagination would make anything possible. She studied at HZT, Berlin. In 2020 she created “a slow upgrade by Kiana”Roham” in collaboration with Roham Amirifar, a distant symbiosis between Gilan and Berlin. Her current research is centered around grief, death and warrior. She dreams about creating embodied practices of care together with the marginalized identities.


Das ada Studio wird seit 2008 als Produktionsort von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert.


 

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